Die so heiß erstrebte Objektivität ist ein Ziel, das zwar einen Gott begeistern kann, einem Menschen aber nie erreichbar ist, denn wir leben alle in der Bedingtheit des Seins und mithin auch des Urteilens.
Beim Stöbern in einem alten Buch entdeckt: Gegen Ende des 19. Jahrhunderts schrieb so der sächsische Kunsthistoriker Cornelius Gurlitt in seiner „Geschichte der Kunst“. Was bedeutet das für Journalisten, deren Objektivität und Wahrheitsliebe derzeit gerne bezweifelt wird (von Leuten, denen die Wahrheit gerade nicht am Herzen liegt):
Journalisten müssen die Objektivität nicht aufgeben, weil sie in toto nicht erreichbar ist, sondern sie müssen sie ersetzen durch größtmögliche Objektivität, die Menschen erreichen können: Wahrhaftigkeit statt Wahrheit.
Quelle: Martin Faßbender, F.W. Raiffeisen. Berlin 1902